In der aktuellen Debatte zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) plädiert der Deutsche Landkreistag für eine konsequentere Ausgestaltung der Altersfeststellung. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte: „Mehr und mehr zeigt sich, dass das derzeitige rechtliche Instrumentarium nicht ausreicht, um das Alter eines gegebenenfalls volljährigen Flüchtlings soweit medizinisch möglich eindeutig festzustellen. Der Rechtsrahmen ist klarer zu fassen, darüber hinaus ist die Altersfeststellung in der Regel verpflichtend zu machen und die Möglichkeiten einer medizinischen Untersuchung sind zu erweitern."

Derzeit wird intensiv über die Einschätzung des Lebensalters junger Flüchtlinge diskutiert. Anlass bilden mitunter schwerste Straftaten von unbegleiteten minderjährigen Ausländern, bei denen teilweise fraglich ist, ob diese nicht bereits volljährig sind. Steht nicht eindeutig fest, dass es sich um Minderjährige handelt, ist das jeweilige Jugendamt gehalten, eine medizinische Untersuchung zu veranlassen. Diese ist allerdings von der Zustimmung des Betroffenen abhängig und spart nach dem Willen des Gesetzgebers z. B. Untersuchungen der Genitalien aus. Auch das bei allen möglichen Verletzungen übliche Röntgen wird bezogen auf die Handknochen teilweise kritisiert.

DLT-Präsident Sager sagte: „Darüber hinaus gibt es seitens der Bundesländer sehr unterschiedliche Vorgaben zum Verfahren: So verzichten etwa Länder wie Baden-Württemberg faktisch vollständig auf medizinische Untersuchungen, wohingegen Bayern oder Hamburg diese als wirksames Mittel zur Altersfeststellung betrachten."

Die Vorbehalte und die teilweise sehr restriktiven Maßgaben auf Länderseite könnten die Landkreise nicht nachvollziehen: „Sinnvoller wäre es, Kinder und Jugendliche, die unbegleitet nach Deutschland gelangen, in aller Regel einer Alterseinschätzung durch einen Arzt zu unterziehen. Auch sind wir dafür, erforderliche Methoden für zulässig zu erklären, die die körperliche Unversehrtheit nicht wesentlich tangieren. Dies muss der Bundesgesetzgeber im SGB VIII eindeutiger regeln."

Man könne nicht einerseits ein staatliches Interesse an der Feststellung des Lebensalters von Flüchtlingen haben, diese Frage dann aber nicht mit der nötigen Konsequenz behandeln, so der DLT-Präsident weiter. „Die gilt auch für die Einwilligung der betreffenden Person in medizinische Untersuchungen zur Altersfeststellung. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses an einer Altersfeststellung und der geringen Intensität der medizinischen Untersuchung sollte die Einwilligung der betreffenden Person nicht mehr notwendig sein."

Minderjährige unbegleitete Ausländer würden gänzlich anders behandelt als volljährige: „Bei ihnen unternehmen die Landkreise im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe sehr umfangreiche und kostenintensive Anstrengungen, um diesen ohne Eltern eingereisten Personen in öffentlicher Obhut beste Möglichkeiten zu bieten, sich altersgerecht zu entwickeln. Dazu gehört auch ein besonderer Abschiebeschutz, der zudem gilt, wenn Jugendliche erhebliche Straftaten begangen haben." Die Minderjährigkeit eröffne in Deutschland also gemeinsam mit dem Jugendstrafrecht einen beachtlichen Schutzraum in Bezug auf staatliche Maßnahmen, erläuterte Sager.