Der Deutsche Landkreistag hat anlässlich seiner Präsidialsitzung im Landkreis Esslingen eine zügige und wertorientierte Reform der Grundsteuer angemahnt. Präsident Landrat Reinhard Sager forderte dazu auf, die derzeitige Debatte zur Wertabhängigkeit der reformierten Grundsteuer schleunigst zu beenden: „Ich sehe nicht, wie man nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine bundesgesetzliche Regelung mit einem Systemwechsel zu einer Flächensteuer rechtfertigen kann. Es ist den Bürgern zudem kaum vermittelbar, warum die Wertunterschiede von Grundstücken in Hamburg-Rotherbaum und in Sangerhausen bei der Besteuerung völlig außen vor bleiben sollen. Einer Förderung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse entspricht dies auch nicht."

In der aktuellen politischen Debatte werde insbesondere von Seiten der wohnungs- und grundstückswirtschaftlichen Verbände sowie der Wirtschaftsverbände sehr deutlich für ein wertunabhängiges Modell geworben. „Verfassungsrechtlich ist ein solcher Schwenk auf ein völlig neues Besteuerungsmodell mit großen Risiken verbunden", so Sager. Eine bundesgesetzliche Regelung, die einen Systemwechsel vornimmt, müsse sich nämlich nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an dem verschärften Erforderlichkeitsmaßstab des Art. 72 GG messen. „Danach ist eine bundesgesetzliche Regelung nur insoweit erlaubt, wenn ohne sie gleichwertige Lebensverhältnisse nicht hergestellt oder die im gesamtstaatlichen Interesse stehende Rechts- oder Wirtschaftseinheit nicht gewahrt werden kann. Dies ist bei einer rein flächenbezogenen Grundsteuer kaum gegeben."

Gerade aus Sicht des ländlichen Raumes sei eine solche Bemessungsgrundlage auch aus Gerechtigkeitsaspekten kein gangbarer Weg. „Es wäre den Bewohnern in den vielen ländlichen Landkreisen kaum vermittelbar, wenn ihre Grundstücke künftig genauso behandelt würden wie Grundstücke in Filetlagen", verdeutlichte Sager. „Warum soll ein Grundstück in Hamburg-Rotherbaum mit dem gleichen Ansatz in die Besteuerung eingehen wie das Grundstück in Sangerhausen? Das ist den Bürgern nicht zu erklären, vor allem nicht denen in Sangerhausen", so Sager.

Unzutreffend sei insoweit auch die Behauptung, die Grundsteuer sei eine Art „Gebühr" für die Bereitstellung kommunaler Infrastruktur: „Das stimmt nicht. Die Grundsteuer ist eine Steuer und unabhängig von einer staatlichen Gegenleistung und damit gerade keine Gebühr."

Eine wertunabhängige Grundsteuer sei unter Gerechtigkeitsaspekten auch mit Blick auf die Wirkungen in den Finanzausgleichssystemen nicht sachgerecht, da sich der Wohlstand gutsituierter Räume nicht mehr adäquat in den zu berücksichtigen Steuereinnahmen widerspiegeln würde: „Ein solches Vorgehen liefe den derzeitigen Überlegungen zur Stärkung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse deutlich zuwider. Die Folge wäre – um im Beispiel von Hamburg und Sangerhausen zu bleiben – beim Länderfinanzausgleich etwa eine erhebliche Umverteilung zugunsten des wirtschafts- und steuerstarken Hamburg und zulasten Sachsen-Anhalts." Innerhalb eines Landes wären die Fehlwirkungen sogar noch stärker, da die kommunalen Finanzausgleiche nicht die Ländersteuereinnahmen, sondern nur das Aufkommen der Kommunalsteuern einbeziehen. „München würde damit künftig zulasten der übrigen Räume in Bayern im Vergleich zu heute als weniger steuerstark behandelt werden, obwohl sich real nichts verändert hat. Das kann nicht gewollt sein", so der DLT-Präsident.

Eine Absage erteilte der DLT-Präsident schließlich auch Überlegungen, die Hebesätze der Gemeinden automatisch und aufkommensneutral anzupassen: „Das ist ein absolutes No-Go, weil damit die verfassungsrechtlich geschützte kommunale Steuerhoheit umgangen würde. Hebesatzanpassungen sind allein von den Städten und Gemeinden vor Ort vorzunehmen." Außerdem müssten sich einige politische Akteure von der absurden Vorstellung verabschieden, eine wertberichtigende Reform dürfe für die einzelne Gemeinde weder zu Zuwächsen noch zu Einbußen führen. „Das hieße ja am Ende nur: Wir lassen alles beim Alten und passen die Grundstückwerte gerade nicht an die aktuelle Situation an. Das ist aber nicht Sinn und Zweck der notwendigen Reform – was ja auch das Bundesverfassungsgericht sehr deutlich zum Ausdruck gebracht hat."


 

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