Der Rhein-Sieg-Kreis hat im vergangenen Jahr den „Klimafonds Rhein-Sieg“ (www.rhein-sieg-kreis.de/klimafonds ) ins Leben gerufen. Über den Fonds werden Fördermittel für Maßnahmen zur Minderung und Kompensation von Treibhausgasemissionen bereitgestellt. Die Maßnahmen werden innerhalb des Kreisgebietes umgesetzt und tragen zur Minderung der örtlichen CO2-Emissionen bei. Ziel ist die Reduktion und Kompensation der CO2-Emissionen aus dem Betrieb der kreiseigenen Gebäude und Dienstwagenflotte von 80 % bis 2035 gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2016-2019.
Treibhausgaskompensation selbst in die Hand nehmen
Die Idee für einen kreiseigenen Klimafonds geht auf die Debatte um den „Klimanotstand“ im Jahr 2019 zurück. Der Rhein-Sieg-Kreis hat als Resultat der politischen Diskussion das „Maßnahmenprogramm 2025 für den Klimaschutz“ beschlossen, um statt plakativer Allgemeinziele möglichst konkrete Schritte zu beschreiben. Dazu gehört auch eine CO2-neutrale Kreisverwaltung.
Das Ziel der Klimaneutralität betrifft dabei nicht nur die Energie: Vom Kopierpapier bis hin zu Baumaterialien wird auf eine gute Klimabilanz geachtet. Schon seit 2016 bezieht der Kreis für seine Liegenschaften zertifizierten Ökostrom und mehr als 20 Dienstwagen fahren mittlerweile elektrisch. Für den Betrieb der kreiseigenen Gebäude und Fahrzeuge werden jedoch weiterhin fossile Energieträger benötigt. Um den derzeit noch nicht vermeidbaren Ausstoß an Treibhausgasen auszugleichen, wurde der Klimafonds eingerichtet und im Kreishaushalt 2021/22 erstmals in die Tat umgesetzt.
Der Einsatz von erneuerbarer Energie und Energieeinsparung trägt zur Senkung des Treibhausgasausstoßes bei. Wo dies nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist, sollen durch den Klimafonds an anderer Stelle im Kreisgebiet Maßnahmen zur Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes umgesetzt werden. Die dort erzielte CO2-Einsparung kompensiert den eigenen unvermeidbaren CO2-Ausstoß. Das ist auch finanziell effizient, denn je näher die Kreisverwaltung dem 80-Prozent-Minderungsziel kommt, umso teurer wird es werden, dieses mit eigenen Maßnahmen zu erreichen.
Die Förderung lokaler Projekte erhöht die Sichtbarkeit, lässt sich öffentlichkeitswirksam kommunizieren und verstärkt gleichzeitig die Sensibilität für die Treibhausgas-Problematik. Eine Abwicklung über globale Kompensationsanbieter wirkt hingegen in der Außendarstellung abstrakt. Eine Überprüfung der umgesetzten Maßnahmen ist dabei in der Regel nicht möglich.
Der Mechanismus des Klimafonds
Die Höhe der verfügbaren Mittel („Fonds-Einnahme“) wird jährlich auf Basis des Erdgasverbrauchs in den Verwaltungsgebäuden und kreiseigenen Schulen sowie des Kraftstoffverbrauchs der Dienstwagen ermittelt. Die Bepreisung erfolgt analog zum geltenden nationalen Emissionshandelssystem (nEHS), beginnend mit 25 € pro Tonne CO2 im Jahr 2021 und sukzessiver Steigerung in den Folgejahren auf 55 € pro Tonne in 2025.
Durch die steigenden CO2-Preise wird der Anreiz erhöht, eigene Vermeidungsmaßnahmen prioritär zu ergreifen. Denn je weniger Emissionen verursacht werden, desto weniger Geld muss dem Klimafonds zur Verfügung gestellt werden.
Der Fonds wird als fortlaufender Haushaltsansatz geführt, um den Aufwand für die finanztechnische Einrichtung und Betreuung gering zu halten. Es handelt sich also nicht um einen Fonds im Sinne eines eigenständigen Vermögens. Die „Fonds-Einnahmen“ werden jeweils nachlaufend exakt anhand der Gas- und Treibstoffverbräuche des Vorjahres ermittelt. Durch Mehr- oder Minderverbräuche kann dieser Betrag vom Haushaltsansatz abweichen und wird entsprechend in das folgende Haushaltsjahr vorgetragen. Für das Jahr 2021 wurde eine „Fonds-Einnahme“ von 57.100 € ermittelt.
Bei der Verwendung der Mittel („Fonds-Ausgabe“) werden vorab definierte Standards angelegt, um eine hohe Qualität der finanzierten Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen sicherzustellen. Dazu gehören:
• Zusätzlichkeit: Die Maßnahme wäre ohne die finanzielle Förderung aus dem Fonds nicht oder nicht in diesem Umfang umgesetzt worden, und es besteht keine rechtliche Verpflichtung, die Maßnahme ohnehin umzusetzen.
• Permanenz der CO2-Minderung.
• Kein Rebound-Effekt: Aufgrund der Durchführung einer Maßnahme dürfen keine Emissionen oder andere nachteilige Auswirkungen an anderer Stelle entstehen.
• Gesicherte Gesamtfinanzierung sowie mehrjährige Zweckbindung je nach Maßnahme.
Regionale PV-Förderung aus dem Klimafonds
Als erste Maßnahme, die sich aus dem Klimafonds finanziert, wurde zu Beginn des Jahres 2022 ein Förderprogramm für Photovoltaik ausgelobt. Der Anteil an Strom aus erneuerbaren Quellen am Gesamtstrombedarf im Rhein-Sieg-Kreis lag 2019 bei 7,5 %. Eine nennenswerte Nutzung der Windkraft findet bislang nicht statt; die Photovoltaik wird daher als ein wesentliches Standbein für die Energiewende im Kreis gesehen.
Einen Antrag auf Förderung können Privatpersonen, Unternehmen, eingetragene Vereine und weitere Institutionen stellen. Dies ermöglicht die Partizipation eines möglichst großen Interessentenkreises. Die Förderung führt zu einer höheren Nutzung von Solarstrom statt Netzstrom mit herkömmlichem Strommix. Die resultierende Einsparung an Treibhausgasemissionen lässt sich gut beziffern.
Gefördert wird die Neuerrichtung ortsfester Photovoltaikanlagen auf dem Gebiet des Rhein-Sieg-Kreises mit einem Zuschuss von 80 € je installierten Kilowatt peak (KWp), begrenzt auf 5.000 € je Anlage.
Hohe Nachfrage aus der Bürgerschaft
Die Veröffentlichung des Förderprogramms stieß auf enormes Interesse. In kurzer Zeit wurden über 200 Anträge auf einen Zuschuss gestellt und die Mittel waren trotz kurzfristiger Aufstockung nach wenigen Tagen erschöpft. Durch Einbezug der erwarteten „Fonds-Einnahmen“ aus 2022 konnten letztlich mit einem Gesamtbudget von 130.000 € insgesamt über 1.600 KWp gefördert werden.
Die zum Jahresende 2021 stark gestiegenen Energiepreise haben vermutlich zur starken Nachfrage beigetragen. Beantragt wurde der Zuschuss überwiegend von Privatpersonen für selbst bewohntes Eigentum mit Fokus auf den Eigenverbrauch. Nicht selten wurde dabei ein Batteriespeicher, eine Wallbox oder Heizungsumrüstung auf Wärmepumpe im Zuge der PV-Installation mit geplant. Hinzu kamen einige Anträge durch Unternehmen sowie Eigentümer von vermieteten Wohngebäuden.
Resümee
Der Klimafonds schafft mit einem verhältnismäßig simplen Mechanismus einen verbindlichen finanziellen Rahmen für weitere kommunale Klimaschutzmaßnahmen. Der verwaltungstechnische Aufwand kann über die Festlegung geeigneter Verfahrensweisen, etwa die Umsetzung als fortlaufender Haushaltsansatz, geringgehalten werden.
Das Förderprogramm Photovoltaik als erste Fördermaßnahme aus dem Klimafonds erfährt großen Zuspruch und der Fördertopf ist bis zum Jahresende ausgeschöpft. Ob vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich veränderten Situation am Energiemarkt eine Förderung im bisherigen Rahmen weiterhin sinnvoll ist, wird von den angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung zur Energiewende abhängen. Die geförderten Maßnahmen sind prinzipiell unabhängig vom Mechanismus des Klimafonds und können bei Bedarf angepasst werden.
Christoph Schwarz, Umweltdezernent, und Lukas Fischer, Amt für Umwelt- und Naturschutz, Rhein-Sieg-Kreis