Die aktuelle kommunale Finanzlage erscheint auf den ersten Blick erfreulich. Genauer betrachtet offenbaren sich in vielen Kommunen zunehmende Probleme und besorgnis­erregende Entwicklungen – so die nach wie vor steigenden Soziallasten, das niedrige Niveau der Investitionen und der weitere Anstieg der Kassenkredite. Das machten die Präsidenten des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, Nürnberg, des Deutschen Landkreistages, Landrat Hans Jörg Duppré, Südwestpfalz, und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Oberbürgermeister Christian Schramm, Bautzen, heute anlässlich der Vorlage neuer Prognosedaten zur kommunalen Finanzlage deutlich.

„Für die Jahre 2013 bis 2016 prognostizieren die kommunalen Spitzenverbände einen Überschuss der kommunalen Kernhaushalte in der Größenordnung von jeweils 4 bis 4,5 Milliarden Euro. Das setzt allerdings voraus, dass Deutschlands Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs bleibt und nicht neue Rückschläge zum Beispiel bei der Stabilisierung des Euro die Erwartungen zunichtemachen“, so die Präsidenten. Die Jahre 2009 und 2010 hätten schon einmal gezeigt, welche Milliarden­defizite die Auswirkungen einer Konjunkturkrise in den kommunalen Haushalten haben können.

Beim Blick auf die positiven Finanzierungssalden zwischen Einnahmen und Ausgaben  ist zu beachten, dass die Prognose lediglich Werte für die Gesamtheit der Kommunal­finanzen wiedergibt. „Ein erfreuliches Plus des Gesamthaushalts aller Kommunen ändert leider nichts an der Tatsache, dass bei zahlreichen Kommunen erhebliche Haushaltsdefizite auch für die kommenden Jahre fortbestehen“, so die Präsidenten. Viele Kommunen müssten ihre laufenden Ausgaben weiterhin mit Kassenkrediten finanzieren und so regelmäßig „das Konto überziehen“. 2008 habe die Summe der Kassenkredite schon besorgniserregende 30 Milliarden Euro betragen. „2012 wurde mit fast 48 Milliarden Euro ein neuer Negativrekordwert bei den kommunalen Kassenkrediten erreicht.“

Auffällig und mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands als besorgniserregend werten die kommunalen Spitzenverbände die Entwicklung der kommunalen Investitionen. „Die positiven Finanzierungssalden müssen sich die Kommunen letztlich mit zu geringen Investitionen erkaufen. Die Haushalts­konsolidierung ist unbedingt notwendig, aber sie bringt mit sich, dass die kommunale Substanz und die Infrastruktur zu wenig erhalten werden können“, erklärten die Präsidenten. Die kommunalen Investitionen waren im Jahr 2012 von einem scharfen Rückgang von 10,6 Prozent auf unter 20 Milliarden Euro gekennzeichnet. 10 Jahre zuvor lagen sie noch bei 24 Milliarden Euro. Das KfW-Kommunalpanel 2012 belegt für die Städte, Landkreise und Gemeinden mittlerweile einen Investitionsstau in einer Größenordnung von 128 Milliarden Euro: „Diese Fakten zeigen leider, dass in den vergangenen Jahren die kommunale Investitionsschwäche durch das Konjunktur­programm lediglich überdeckt, aber nicht grundsätzlich behoben werden konnte. Das wird beispielsweise bei der Verkehrsinfrastruktur sichtbar, die vielerorts seit Jahren nicht instand gesetzt werden konnte.“

Problematisch aus Sicht der Kommunen ist außerdem, dass die Unterschiede zwischen den finanzstarken und finanzschwachen Kommunen größer werden. Eine Vielzahl von Kommunen ist vom Haushaltsausgleich oder gar Überschüssen weit entfernt. „In mehreren Regionen droht den Kommunen eine finanzielle Abwärtsspirale aus mangelnden Einnahmen, steigenden Sozialausgaben und fehlenden Geldern für zukunftsträchtige Investitionen, die einen Ausweg bieten könnten. Diese Entwick­lung führt teilweise zu erheblichen Einschnitten bei kommunalen Angeboten, die direkt den Alltag der Menschen betreffen und nachteilig verändern“, so Maly, Duppré und Schramm.

Deutliche Mehrausgaben erwarten die Kommunen im gesamten Prognosezeitraum weiterhin bei den Sozialleistungen. Diese stiegen schon 2012 trotz der entspannten Lage am Arbeitsmarkt überproportional an. Dieses Entwicklung wird sich auch in den Jahren 2013 bis 2016 fortsetzen: Weitgehend unabhängig von der Konjunktur steigen in den kommenden Jahren die Kosten für die Hilfen zur Erziehung, die Jugendhilfe, die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, die Hilfe zur Pflege und die Grund­sicherung im Alter. „Die Entwicklung der Sozialausgaben ist für die Kommunen auch in Zukunft problematisch: In diesem Jahr wird voraussichtlich erstmals die Marke von 46 Milliarden Euro erreicht. Höchstens noch bis in das Jahr 2014 kann mit einer weiterhin abnehmenden Zahl der Langzeitarbeitslosen und der relativ oft aufstockende Hilfe erhaltenden geringfügig Beschäftigten gerechnet werden“, so die Präsidenten.

Die kommunalen Spitzenverbände weisen darauf hin, dass sich die bisherigen und zusätzlichen Mittel des Bundes zur Finanzierung sozialer Leistungen in der Kommunalfinanzstatistik nicht als Rückgang auf der Ausgabenseite auswirken. Sie erhöhen vielmehr die kommunalen Einnahmen. Das gilt sowohl für die schrittweise Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter durch den Bund als auch für die Finanzierung des Bildungs- und Teilhabepakets.

Kommunen bei der Eingliederungshilfe spürbar entlasten
Die Präsidenten Maly, Duppré und Schramm formulierten diese Erwartungen an Bund und Länder: „Die Kommunen erwarten für ihre finanzielle Planungssicherheit, dass die Länder ihrer Finanzverantwortung für die Kommunen nachkommen und die Schuldenbremse bzw. die innerstaatliche Umsetzung des Fiskalpakts nicht zum Anlass nehmen, um Zuweisungen an die Kommunen in ihren Finanzplanungen abzusenken. Damit der Fiskalpakt mit Sicherheit eingehalten werden kann, müssen die Kommunen vielmehr dauerhaft zu einer ‚schwarzen Null‘ kommen können. Wir erwarten, dass Bund und Länder dies im Zuge einer Föderalismus­reform III umsetzen und damit den Verabredungen zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags gerecht werden. Dazu gehört, die Kommunen bei den Kosten aus der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen spürbar zu entlasten.“

Die kommunalen Spitzenverbände veröffentlichten die aktuelle Prognose zur Finanz­lage der Städte, Landkreise und Gemeinden (ohne Stadtstaaten) in den Jahren 2013 bis 2016. Dabei benannten sie vor allem folgende zentrale Fakten:

  • Die kommunalen Spitzenverbände gehen im Jahr 2013 von kommunalen Einnahmen von 196 Milliarden Euro aus – das sind plus 4,1 Prozent. Sie rechnen mit Ausgaben von 192 Milliarden Euro, was einem Anstieg um 2,9 Prozent entspricht. Für 2013 wird eine Steigerung der kommunalen Steuereinnahmen um 3,5 Prozent erwartet, im Jahr 2014 von 3,9 Prozent. Das Aufkommen erreicht somit im Jahr 2014 das Volumen von 80 Milliarden Euro. Der Anteil der Steuereinnahmen an den Gesamt­einnahmen beträgt etwa 40 Prozent.
  • Der Finanzierungssaldo der Kernhaushalte der Städte, Landkreise und Gemeinden für die Jahre 2013 bis 2016 liegt nach der Prognose in der Größenordnung von 4,0 bis 4,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2013 wird ein Saldo von 4,1 Milliarden Euro erwartet.
  • Die Kassenkredite der Kommunen belaufen sich mittler­weile auf 47,5 Milliarden Euro. Sie stiegen im Zeitraum eines Jahres bis Ende 2012 um ca. 3,6 Milliarden Euro.
  • Bei den kommunalen Ausgaben für soziale Leistungen sind trotz der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt insgesamt wachsende Ausgaben aufgrund der ungebremsten Dynamik der konjunkturunab­hängigen sozialen Leistungen zu erwarten. Die Sozialausgaben erhöhen sich in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um 3,6 Prozent – das sind rund 1,6 Milliarden Euro – auf 46 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2016 wird ein Anstieg auf rund 50 Milliarden Euro erwartet.
  • Bei den Investitionen war 2012 ein scharfer Rückgang von 10,6 Prozent auf 19,7 Milliarden Euro zu verzeichnen. 2013 wird ein Anstieg auf 20,4 Milliarden Euro erwartet und 2014 eine Summe von 20,9 Milliarden Euro. Die Investitionstätigkeit der Kommunen reicht damit bei weitem nicht aus, um den auf kommunaler Ebene bestehenden erheblichen Investitionsstau mittelfristig abbauen zu können.
  • Mögliche finanzielle Folgen der Flutkatastrophe sind in der aktuellen Prognose ebenso noch nicht berücksichtigt wie die Folgewirkungen des Zensus, die sich aufgrund von Verschiebungen im Länderfinanzausgleich insbesondere zwischen den Stadtstaaten und den Flächenländern ergeben können.

 

Ausführliche Erläuterungen zur Finanzprognose pdf

Die wichtigsten Finanzdaten pdf

 

 

Ansprechpartner

Pressesprecher

Dr. Markus Mempel

030 590097-312
0160 7227253
markus.mempel@landkreistag.de
presse@landkreistag.de

Sekretariat

030 590097-349
presse@landkreistag.de

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.