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Der Deutsche Landkreistag hat sich nach der Sitzung seines Präsidiums im Landkreis Fürstenfeldbruck noch einmal klar gegen eine mögliche Übernahme kommunaler Altschulden in einzelnen Bundesländern durch den Bund positioniert und stattdessen mehr Zukunftsinvestitionen in gleichwertige Lebensverhältnisse gefordert. Präsident Landrat Reinhard Sager: „Die Bedingungen für eine Altschuldenübernahme sind überhaupt nicht erfüllt. Keines der betroffenen Länder hat sich in den vergangenen Monaten zu seiner Alleinverantwortung für die finanzielle Lage ihrer Kommunen bekannt und dargestellt, wie es eine künftige Unterfinanzierung seiner Kommunen unterbinden werde. Es geht zudem bei der Gleichwertigkeit vor allem darum, nach vorne gerichtet etwas für die ländlichen, aber auch für die strukturschwachen Räume zu tun und dadurch das Land zusammenzuhalten sowie einer fortschreitenden Entfremdung von ländlichen und städtischen Räumen entgegenzuwirken. Das rückwärtsgewandte Abtragen kommunaler Altschulden im Ruhrgebiet, in Rheinland-Pfalz und dem Saarland durch den Bund wäre kein zukunftsweisender Beitrag zur Erreichung dieses Ziels. Der Bund sollte nicht die falschen Prioritäten setzen und durch unsolidarisches Verhalten die Ziele der Gleichwertigkeitsdebatte in ihr Gegenteil verkehren.“

In diesem Jahr werde das Thema der gleichwertigen Lebensverhältnisse erneut eine wichtige Rolle spielen. „Hier geht es nach dem Abschluss der Kommission von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden im Sommer dieses Jahres mehr denn je um die Konkretisierung, Umsetzung und finanzielle Unterlegung von Maßnahmen zugunsten ländlicher Räume. Das Aufschieben von wichtigen Zukunftsfragen ist keinesfalls eine Lösung.“ Dazu zähle neben Breitband, 5G-Ausbau und Gesundheitsversorgung auch die bessere Unterstützung von Unternehmen in der Fläche. „Eine Erweiterung der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur ist hier seit Langem überfällig, um gezieltere wirtschaftliche Impulse zu setzen und gerade die Firmen außerhalb der Landwirtschaft zu stärken“, so Sager.

Er beklagte in diesem Zusammenhang, dass der Bund bislang ein beherztes Vorgehen zur Umsetzung der Kommissionsergebnisse vermissen lasse. „Für echte Strukturpolitik gibt es vom Bund bislang zu wenig und im Bundeshaushaltsplan zudem kein zusätzliches Geld. Das muss sich ändern. Zwar wurde zum Jahresbeginn ein richtiger Schritt hin zur Umsetzung eines gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Gebiete gegangen. Aber das kann erst der Anfang sein und muss mit zusätzlichem Geld unterlegt werden“, so Sager. Er monierte, dass die vom Bundesfinanzminister stattdessen geforderte Finanzierung durch Umschichtungen in den Fachetats notwendige Maßnahmen unnötig ausbremse und Verteilungskonflikte schüre.

Vor diesem Hintergrund sei nicht zu verstehen, warum sich der Bund mit der Frage kommunaler Altschulden und damit einem Problem von Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz und dem Saarland beschäftige und hierfür sogar zusätzliches Geld in Aussicht stelle: „Dieses Problem muss von diesen Ländern und nur von ihnen gelöst werden. In Nordrhein-Westfalen etwa hat das Land die Kommunen seit den 1990er Jahren unterfinanziert. Dieses Versäumnis kann nun nicht einfach der Bund begradigen“, so der DLT-Präsident. Länder wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen oder Brandenburg hätten vorgemacht, wie es gelingen könne, seine Kommunen zu entschulden.

Statt der Altschuldenfrage solle der Bund besser zukunftsorientierte Maßnahmen im Rahmen gleichwertiger Lebensverhältnisse finanzieren, bekräftigte er: „Wir brauchen dringend eine wirksamere Struktur- und eine bessere Förderpolitik. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Mittel für einen besseren und schnelleren Breitband- und Mobilfunkausbau sowie die Verkehrswende, da in diesen Bereichen mit Blick auf den Standort Deutschland und damit Wohlstand und Zukunft unseres Landes kraftvoll investiert werden muss.“ Gerade aus Sicht der ländlichen Räume sei dies von großer Bedeutung, die den weit überwiegenden Teil Deutschlands ausmachten: „Die Menschen sollen dort leben und arbeiten können, wo sie wollen. In der Stadt oder auf dem Land. Dazu gehören eine intakte Wirtschaft, attraktive Arbeitsplätze, Datenautobahnen, Lebensqualität und eine funktionierende öffentliche Infrastruktur.“

Mit Blick auf die finanzielle Ausstattung von Landkreisen, Städten und Gemeinden kam Sager außerdem auf einen weiteren Punkt zu sprechen: Der Deutsche Landkreistag begleite etwa einen Rechtsstreit um den kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz, über den das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. „Es geht um die Stadt Pirmasens und den Landkreis Kaiserslautern, die beide mehr Geld vom Land fordern, hergeleitet aus der Gewährleistung des Grundgesetzes im Hinblick auf eine angemessene kommunale Finanzausstattung durch das jeweilige Land“, erläuterte er. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2017 Gemeinden und Landkreisen ein Klagerecht eröffnet, wenn das Schutzniveau der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach den Landesverfassungen hinter dem des Grundgesetzes zurückbleibe.

Das Gericht erhalte daher eine weitere Gelegenheit zur Feststellung, dass sich das jeweilige Land nicht aus der finanziellen Verantwortung für seine Kommunen herauswinden könne. „Und genau das meinen wir ebenso in der Frage der Altschulden: Auch hier müssen die Länder für Fehler der Vergangenheit einstehen und die aufgelaufene kommunale Verschuldung gemeinsam mit den betroffenen Gemeinden abtragen. Das gebietet bereits der gesunde Menschenverstand. Ein Engagement des Bundes wäre deplatziert“, so der DLT-Präsident abschließend.

 

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