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Das Präsidium des Deutschen Landkreistages hat sich in seiner Sitzung im Landkreis Saarlouis mit verschiedenen Themen beschäftigt, die für die Landkreise von großer Bedeutung sind. Präsident Landrat Reinhard Sager hob aus aktuellem Anlass die Rolle der Kommunen für die künftige Klima- und Energiepolitik hervor, wofür es finanziell gut ausgestattete Landkreise und Gemeinden bräuchte. Er sagte: „Die Zukunftsherausforderungen sind gewaltig. Sie müssen planvoll und konsequent angegangen werden. Wesentlicher Teil dessen sind die Landkreise und Gemeinden, die die Basis für gleichwertige Lebensverhältnisse darstellen. Die Kommunen sind Treiber und Mitgestalter der Entwicklung, müssen aber von der Politik auch so behandelt werden.“

Klimaschutz mit Akzeptanz

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse und dem Erfordernis einer stärkeren Unabhängigkeit von Energieimporten könne es Fortschritte in der Klima- und Energiepolitik nur im engen Schulterschluss mit den Landkreisen geben. Bislang sei es so, dass zu viele Maßnahmen über befristete Projektmittel umgesetzt würden, was nicht nachhaltig sei, so Sager.

Im Kern gehe es um eine grundlegende Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung durch die verantwortlichen Länder, um von der bisherigen Projektfinanzierung zu einer grundständigen Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen zu gelangen. „Darüber hinaus müssen Wertschöpfungspotenziale in den ländlichen Räumen beispielsweise bei der Windenergienutzung oder bei Wasserstofftechnologien für eine nachhaltige Energieversorgung realisiert werden.“

Ebenfalls entscheidend sei eine gerechte Lastenverteilung zwischen Stadt und Land bei erneuerbaren Energien, Industrie, Mobilität und CO2-Bepreisung, z. B. durch höhere Förderquoten bei investiven Klimaschutzmaßnahmen. „Klimaschutz und Energiepolitik sind strukturpolitische Themen, bei denen man die unterschiedlichen Betroffenheiten von Stadt und Land in eine gesunde Balance bringen muss. Nicht zuletzt, um die Akzeptanz für die Energiewende zu sichern, brauchen wir auch wirtschaftliche Anreize“, so der DLT-Präsident.

Erhöhung der Pendlerpauschale gut, aber nicht ausreichend

In diesem Zusammenhang sei der Beschluss des Koalitionsausschusses, die Pendlerpauschale zu erhöhen, ein richtiger Baustein für die Beförderung gleichwertiger Lebensverhältnisse, reiche aber für die in den ländlichen Räumen lebenden Menschen nicht aus: „Hier ist mehr Unterstützung gefragt, die Pendlerpauschale betrifft ja nur das Erwerbsleben und nicht andere Aspekte der Lebenswirklichkeit in ländlichen Räumen. Hinzu kommen tiefgreifende Verteilungs- und soziale Ausgleichsfragen im Verhältnis von Stadt und Land im Zuge der Klimapolitik, die immer wieder die Frage aufwerfen, wie Lasten und Entwicklungschancen im Land verteilt werden. Dafür muss die Bundesregierung sehr sensibel sein.“

Für die Menschen in den ländlichen Räumen sei die höhere steuerliche Absetzbarkeit der Pendelkosten dennoch ein gutes Signal. „Zu betonen ist außerdem, dass die Pauschale keine klimaschädliche Subvention ist, sondern als steuerrechtliches Instrument Ausdruck des Prinzips, eigene Ausgaben im Zusammenhang mit der Berufsausübung geltend zu machen. Es geht dabei um die freie Wahl des Lebensmittelpunktes und des Arbeitsortes in unserer Leistungsgesellschaft“, verdeutlichte er.

Ordentliche Finanzausstattung

Zum Thema der gleichwertigen Lebensverhältnisse mahnte Sager zudem eine auch weiterhin ordentliche finanzielle Mindestausstattung der Landkreise und Gemeinden an. „Das haben die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag allerdings nicht aufgegriffen. Statt einer finanziellen Stärkung der Kommunen sind erneut zahlreiche weitere Förderprogramme, zentrale Steuerung und Projektfinanzierungen angekündigt worden.“

Dieses Defizit müsse der Bund nun ausgleichen und ernsthaft in eine Diskussion darüber eintreten, wie die Steuerausstattung der Kommunen insgesamt erhöht werden kann. „Auch sollte der Bund seine finanzielle Beteiligung an den flüchtlingsbedingten Unterkunftskosten weiterführen, die Ende vergangenen Jahres ausgelaufen ist.“ Dieses Thema erlange in Anbetracht der zu uns kommenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine neue Bedeutung.

Corona-Zuschuss wäre verfassungswidrig

Sager sprach im Zusammenhang mit der kommunalen Finanzsituation darüber hinaus den vom Bund geplanten einmaligen Corona-Zuschuss in Höhe von 100 € an. Dieser sei ein weiterer „Sündenfall“, weil er den Landkreisen eine neue Aufgabe übertrüge, ohne für eine Finanzierung zu sorgen. „Um nicht missverstanden zu werden: Der Zuschuss für Sozialhilfeempfänger ist natürlich in der Sache sinnvoll und zu unterstützen. Aber der Bundesgesetzgeber sollte eine Regelung beschließen, nach der die Länder die Aufgabe auf die Kommunen übertragen und damit auch finanzieren. Der Bund darf nicht sehenden Auges verfassungswidrige Gesetze beschließen.“

Schon im vergangenen Jahr habe der Bund mit dem Corona-Zuschuss für Sozialhilfeempfänger unzulässig auf die Landkreise durchgegriffen. Er erinnerte daran, dass das Bundesverfassungsgericht erst 2020 solches Handeln für verfassungswidrig erklärt hatte. „Diesem erneuten rechtwidrigen Agieren des Bundes muss deshalb ein Riegel vorgeschoben werden, notfalls wiederum durch das Bundesverfassungsgericht.“

Glasfaserförderung in bewährter Form weiterführen

Schließlich bekräftigte das DLT-Präsidium, dass der flächendeckende Glasfaserausbau in den ländlichen Räumen weiter vorangetrieben werden müsse. „Der mit Mitteln des Bundes und der Länder unterstützte Ausbau durch und in den Landkreisen hat dazu bereits einen wesentlichen Beitrag geleistet. Der geförderte Glasfaserausbau ist ein Erfolgsmodell, das auch nach dem Ende des bisherigen Förderprogramms im Jahr 2023 weitergeführt werden muss“, fasste es Sager zusammen. „Wir brauchen in Deutschland ein flächendeckendes Glasfasernetz, um bei der digitalen Infrastruktur überhaupt Anschluss an die globale Entwicklung zu finden. Der Koalitionsvertrag strebt vollkommen zu Recht Glasfaser bis in jedes Haus an.“

Auch in dieser Legislaturperiode seien dafür ausreichende Mittel von über 10 Mrd. € notwendig, und zwar überall dort, wo heute noch keine gigabitfähigen Breitbandinfrastrukturen vorhanden sei und wo sich kein rascher eigenwirtschaftlicher Ausbau abzeichne. „Insofern sollte der Bund sein Fördermodell nicht abändern, sondern weiterführen. Vor allem eine vorgeschaltete, zusätzliche bundesweite Potenzialanalyse würde hingegen zu weiteren Verzögerungen im Glasfaserausbau und zu Unwägbarkeiten für die Menschen und Unternehmen vor Ort führen, wann sie mit einem Ausbau rechnen können. Wir dürfen keine weitere wertvolle Zeit verlieren.“

 

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