„Die 294 Landkreise sind eine gut aufgestellte und erfahrene Verwaltungsebene. Das haben sie zuletzt sowohl bei der Flüchtlingsversorgung als auch in der Coronapandemie nachdrücklich unter Beweis gestellt. Bei der Umsetzung des neuen Wohngeldes sehen sie sich allerdings wegen der vom Gesetzgeber kurzfristig beabsichtigten Verdreifachung der anspruchsberechtigten Haushalte einer riesigen Herausforderung gegenüber“, so der Präsident des Deutschen Landkreistages, Landrat Reinhard Sager, nach der Sitzung des Präsidiums des kommunalen Spitzenverbandes in Kassel. „Die Politik hätte für die Reform einen längeren Vorlauf einplanen können und müssen. Es wird in den ersten Monaten deutlich stocken, so dass die Menschen nicht so schnell ihr Wohngeld bekommen werden. Wir haben uns im Gesetzgebungsverfahren für einfachere Regelungen eingesetzt – dem ist die Politik aber nicht ausreichend gefolgt.“ Bund und Länder müssten nun die Verwaltungsvorschriften zumindest so ausgestalten, dass Wohngeld leichter beantragt und bewilligt werden könne.
„Es fehlt den kommunalen Wohngeldstellen an zusätzlichem Personal, das für die Umsetzung der Reform erforderlich ist. Außerdem konnten die Länder die Software noch nicht überall an die neue Rechtslage anpassen“, so Sager weiter. „In Anbetracht dieser ungünstigen Rahmenbedingungen unternehmen die Landkreise alles, um das Gesetz so gut es geht umzusetzen, wenngleich auch in günstigen Fällen mit Bearbeitungszeiten von mehreren Monaten zu rechnen ist.“
Daneben würden die Wohngeldstellen von den Jobcentern unterstützt, indem anspruchsberechtigte Personen nicht mehr verpflichtend auf das eigentlich vorrangige Wohngeld verwiesen würden. „Die Jobcenter beraten aber natürlich nach wie vor umfassend, vor allem dann, wenn ein höherer Wohngeldanspruch zu erwarten ist als dies beim Bürgergeld der Fall wäre. Die gesetzliche Übergangslösung, die der Entlastung der Wohngeldstellen dient, belastet die Jobcenter zusätzlich, denn sie sind mit den Geflüchteten aus der Ukraine, der Energiekrise und der Einführung des Bürgergeldes ohnehin schon an der Belastungsgrenze.“
Für Sager ist die kurzfristige Umsetzung der großen Wohngeldreform auch ein grundsätzliches Problem: „Von kommunaler Seite wurde seit Jahren eine Einbeziehung der Heizkosten in das Wohngeld gefordert. Damit sind wir beim Bund aber stets abgeblitzt. Nun wird eine Reform in kürzester Zeit übers Knie gebrochen, die mit der Heizkostenkomponente und der Klimakomponente richtige und wichtige Elemente enthält, aber mit der Verdreifachung des anspruchsberechtigten Personenkreises gravierende Umsetzungsschwierigkeiten bereitet. Vor Ort müssen die kommunalen Verantwortlichen nun einmal mehr die Kohlen aus dem Feuer holen und das Beste aus der schwierigen Situation machen“, so der DLT-Präsident abschließend.