Die kommunalen Spitzenverbände sehen trotz deutlicher Fortschritte beim Ausbau der Kinderbetreuung den Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder unter drei Jahren ab August 2013 bei weitem noch nicht als flächendeckend gesichert an.

Der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund erklärten heute übereinstimmend in Berlin, dass 14 Monate vor dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs immer noch erhebliche Finanzmittel fehlen, um den Bedarf an Plätzen vollständig zu decken. Die Vertreter der Städte, Landkreise und Gemeinden bewerteten als positiv, dass die Zahl der Plätze von 2006 bis 2011 um 230.000 erhöht werden konnte. Sie äußerten jedoch große Zweifel, ob rechtzeitig überall ein hinreichendes Angebot an Plätzen zur Verfügung stehen wird.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, sagte: „Die Kommunen betreiben mit ganzer Kraft den Ausbau der Kinderbetreuung. Doch die Zeit läuft davon, und alle Fortschritte können nicht darüber hinwegtäuschen: Der Rechtsanspruch lässt sich mit einer Versorgung von 39 Prozent der Kinder unter drei Jahren nicht überall erfüllen. Der Bedarf ist vor Ort sehr unterschiedlich, das haben Bund und Länder unterschätzt. Bundesweit wünschen sich im Durchschnitt 39 Prozent der Eltern Betreuung – in großen Städten und Ballungsräumen liegt diese Quote jedoch deutlich höher, teilweise wird dort ein Bedarf von bis zu 60 Prozent der unter Dreijährigen erwartet. Diese Marken bis Sommer 2013 zu erreichen, ist fast unmöglich. Deshalb müssen die Länder ihren Kommunen jetzt dringend die noch notwendigen Finanzmittel bereitstellen.“ Neben fehlenden Mitteln seien weitere erhebliche Hürden fehlende Grundstücke für Neubauten und ein Mangel an Erzieherinnen und Erziehern.

Das 10-Punkte-Programm des Bundes biete hilfreiche Ansatzpunkte, vor allem durch das Festanstellungsprogramm für Tagesmütter und durch zinsvergünstigte KfW-Kredite für Investitionen. Große Bedenken bestünden allerdings, wenn der Bund bundesweit per Gesetz Qualitätsstandards vorgeben wolle. So wünschenswert solche Verbesserungen sein mögen, fehlten neben dem noch notwendigen Ausbau der Platzzahlen dafür schlichtweg die Mittel. „Das 10-Punkte-Programm kann helfen, schneller voranzukommen, es kann aber nicht garantieren, dass der Rechtsanspruch wirklich überall erfüllt wird“, so Articus. Bund und Länder müssten Übergangs­szenarien aufstellen, wenn der Rechtsanspruch trotz aller Anstrengungen gefährdet ist. Dazu gehöre auch, Standards zu überprüfen, die für die Kinder verträglich verändert werden können.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, erklärte: „Neben der quantitativen Verbesserung der Betreuungssituation kommt es auch und vor allem auf qualitativ hochwertige Angebote an. Der aktuelle Bericht zum Stand des Ausbaus der Kinderbetreuung belegt, dass die Qualität trotz der bestehenden Ausbaudynamik sogar graduell gestiegen ist. Das unterstreicht die enormen Anstrengungen der Kommunen, ihre Angebote insgesamt weiterzu­entwickeln und nicht lediglich auf ‚Masse statt Klasse‘ zu setzen.“

Gleichwohl bleibe noch viel zu tun, gerade mit Blick auf fehlende Erzieherinnen und Erzieher, was laut Henneke mehr und mehr zum Problem werde: „Was wir hier brauchen, sind zusätzliche gemeinsame Kraftanstrengungen von Ländern, Kommunen und Ausbildungsstätten mit breiter Unterstützung etwa vom Bund, der Wirtschaft, den Gewerkschaften und der Wohlfahrtspflege. Nicht nur die Kommunen müssen ihre Bemühungen um Qualität und Quantität weiterführen, sondern vor allem die Länder müssen ihrer Finanzierungspflicht nachkommen. Die Kommunen sind darauf angewiesen, die für den flächendeckenden Ausbau der Krippenbetreuung notwendigen Mittel von den Ländern zu erhalten. Dies umfasst auch Maßnahmen zur Aktivierung des Fachkräftepotenzials. Die Länder dürfen sich nicht wegducken, denn sie sind ganz klar gegenüber den Kommunen finanziell verantwortlich.“

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, betonte: „Die Erfüllung des Rechtsanspruchs ist ein gesamtgesellschaft­licher Kraftakt. Nicht nur der Staat ist gefordert, sondern auch die Wirtschaft muss sich stärker bemühen, die vorhandenen Betriebskindergärten weiter auszubauen und zusätzliche Tagesmütter einzustellen. Kleinere Unternehmen können hier zusam­menarbeiten oder auch mit den Kommunen kooperieren. Auch von den Eltern erwarten wir ein gewisses Maß an Flexibilität und Verständnis. Nicht jeder wird die gewünschte Betreuung für jeden Zeitraum gleich um die Ecke bekommen können. Wir bleiben auch bei unserer Forderung, dass das Ausbauprogramm durch zusätz­liche Stellen im Bundesfreiwilligendienst unterstützt werden sollte. Es muss auch das Ziel sein, jedenfalls einen Teil der Erzieherinnen und Erzieher die häufig in Teilzeit arbeiten, wenigstens für eine Übergangszeit zu bewegen, Vollzeit tätig zu werden.“

 

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