Heute hat die Hauptversammlung des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) den Landrat des Landkreises Karlsruhe, Dr. Christoph Schnaudigel, zum neuen Präsidenten des europäischen Kommunalverbands gewählt. Der Deutsche Landkreistag, der ihn in das internationale Gremium entsandt hat, gratuliert herzlich zu diesem herausragenden Amt.
Für den Deutschen Landkreistag besteht der Berliner Koalitionsvertrag aus Licht und Schatten. Präsident Landrat Dr. Achim Brötel sagte dem Tagesspiegel in einer ersten Bewertung: „Für uns ist klar, dass jede Bundesregierung eine faire Chance verdient hat. Das gilt selbstverständlich auch für die neue Koalition. Und: Wir sehen in dem, was da zu Papier gebracht worden ist, durchaus positive Ansätze. Das gilt vor allem für die Migrationspolitik oder das Bürgergeld. Insgesamt enthält der Vertrag aber aus unserer Sicht viel zu wenig Belastbares. Viele der zentralen Fragen werden nicht angepackt oder auf eine ungewisse Zukunft vertagt. Wer eine echte Wende will, darf aber nicht nur auf ungedeckte Wechsel für die Zukunft setzen. Dieses Denken scheint in der neuen Koalition aber nicht unbedingt weit verbreitet zu sein. Das, was wir im Vertrag lesen, ist jedenfalls deutlich zu wenig. Spätestens nach den mahnenden Worten des Bundespräsidenten hätten wir schon erwartet, dass die Politik begreift, in welch dramatischer Situation die kommunalen Finanzen bundesweit sind. So bleibt uns nur die vage Hoffnung auf den geplanten Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen. Wenn es die Bundesregierung wirklich ernst meint, müssen die Verhandlungen darüber umgehend beginnen. Wir brauchen niemand, der Probleme zum x-ten Mal beschreibt. Wir brauchen Lösungen.“
Zur gestrigen Tarifeinigung für die Bediensteten im öffentlichen Dienst von Kommunen und Bund äußert sich der Präsident des Deutschen Landkreistages Landrat Dr. Achim Brötel wie folgt: „Die Kommunen, die wesentlich mehr Beschäftigte als der Bund haben und deshalb auch den Löwenanteil des Tarifabschlusses schultern müssen, stehen in finanzieller Hinsicht bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand. Überall sind momentan die Haushalte im freien Fall. Man kann deshalb ohne Übertreibung sagen: Die Hütte brennt, und zwar lichterloh. Und dann ein Tarifabschluss, der die kommunalen Haushalte allein für die Tarifbeschäftigten jährlich bis zu 10,6 Mrd. € mehr kostet – dauerhaft. Wenn das anschließend dann auch noch auf die Beamten übertragen wird, reden wir sogar noch einmal über deutlich höhere Summen.“
Heute hat das Statistische Bundesamt die Zahlen zur kommunalen Finanzsituation 2024 veröffentlicht. Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke kommentierte diese gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland wie folgt: „Die Zahlen zur kommunalen Kassenlage zeigen ein Rekorddefizit von 24,3 Mrd. €, aus dem die Kommunen ohne signifikante steuernde Maßnahmen des Bundes nicht wieder herauskommen können. Gegenüber dem Vorjahr sind die Finanzen der Landkreise, Städte und Gemeinden um beispiellose 18 Mrd. € abgestürzt. Das kommunale Defizit steigt damit in bislang unbekannte Dimensionen und ist nahezu dreimal so hoch wie das bisherige Rekorddefizit aus dem Jahr 2003. Ursächlich ist insbesondere der starke Anstieg der laufenden Ausgaben um nahezu 9 % und hier insbesondere der Ausgaben für die sozialen Leistungen um fast 12 %. Besonders hohe Zuwächse weisen die Kinder- und Jugendhilfe mit 17,1 % und die Eingliederungshilfe mit 13,6 % auf. Gleichzeitig nehmen die Personalausgaben aufgrund von erhöhten Qualifikationsanforderungen, Aufgabenzuwächsen und der bisherigen Tarifabschlüsse mit 8,9 % kräftig zu. Neue kostenträchtige Tarifabschlüsse stehen unmittelbar bevor. Hinzu treten die Verlustausgleiche für kommunale Krankenhäuser. Derartig hohe Ausgabezuwächse hält kein Haushalt aus. Erst recht nicht, wenn die eigene Einnahmebasis so schwach ist wie auf kommunaler Ebene. So kann es nicht weitergehen.“
Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen. Das hat der Deutsche Landkreistag nach der jüngsten Sitzung seines Präsidiums im Landkreis Friesland (Niedersachsen) einmal mehr für die kommunale Ebene eingefordert. DLT-Präsident Landrat Dr. Achim Brötel verglich in Jever die aktuelle Situation in Deutschland dabei mit einem Schiff, das immer schwerer ins Wasser gedrückt werde und inzwischen kaum mehr vom Fleck komme: „Die Bundes- und Landespolitik hat die kommunale Ebene in den letzten Jahren maßlos überladen. Die Städte, Landkreise und Gemeinden haben im letzten Jahr ein Defizit von mehr als 20 Mrd. € verkraften müssen. So tief in den roten Zahlen waren wir noch nie. Und: Die Situation spitzt sich durch teure Tarifabschlüsse und steigende Sozialausgaben weiter zu. Wenn aber der kommunale Motor stottert oder womöglich sogar ganz ausfällt, wären wir handlungsunfähig. So weit darf es nicht kommen." Vizepräsident Landrat Sven Ambrosy, zudem Gastgeber der Sitzung, ergänzte: „Es ist richtig, dass wir angesichts des seit mehr als 20 Jahren anhaltenden Sanierungs- und Ausbaustaus auf kommunaler Ebene auch Investitionsprogramme brauchen. Aber sehr viel dringender muss Schluss sein mit unserer strukturellen Unterfinanzierung. Dazu sind zwei Dinge zwingend erforderlich: Überflüssiger Ballast muss weg und wir brauchen deutlich mehr Steuermittel als Grundfinanzierung.“
Der Deutsche Landkreistag hat vor dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen noch einmal sehr deutlich hervorgehoben, dass die Landkreise einen echten Politikwechsel im Bund erwarten. Präsident Landrat Dr. Achim Brötel sagte: „Wir fordern mit Nachdruck spürbare Verbesserungen für die kommunale Ebene und erwarten einen echten politischen Neuanfang. Dafür ist es zwingend notwendig, Ausgabepflichten und Einnahmen endlich wieder miteinander in Einklang zu bringen. Ohne eine ehrliche Reform des Sozialstaats, von der klare Impulse ausgehen, dass Ausgaben auch zurückgeführt werden müssen, wird das nicht funktionieren. Forderungen der Landkreise nach Wegfall des Rechtskreiswechsels für neu einreisende ukrainische Geflüchtete, mehr Arbeitsanreizen im Bürgergeld oder Einsparungen beim Elterngeld müssen unbedingt berücksichtigt werden. Vizepräsident Landrat Sven Ambrosy unterstrich dies: „Der Bürokratieabbau muss intensiv vorangetrieben und die Migration muss begrenzt und gesteuert werden. Die Koalitionäre müssen die Kraft haben, hier einen wirklichen Unterschied zu ihren Vorgängern zu machen. Das beinhaltet in ganz zentraler Weise auch die längst überfällige Konsolidierung der Kommunalfinanzen.“
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