Der Deutsche Landkreistag warnt vor einem wirtschaftlichen Flächenbrand bei den Krankenhäusern. Nach der Sitzung seines Präsidiums im Landkreis Diepholz sagte Präsident Reinhard Sager: „Die finanzielle Lage der Krankenhäuser ist prekär. Bund und Länder müssen daher dringend Lösungen finden, um zu verhindern, dass sich die Situation im Jahr 2024 weiter zuspitzt. Jedes weitere Zögern der Politik bei der Unterstützung der Kliniken verschlimmert die Situation angesichts der Kostenentwicklung im Jahr 2024 noch weiter. Die Schließung von Standorten aufgrund von drohenden Insolvenzen darf nicht hingenommen werden.“ Im Übrigen würden die Landkreise die Forderungen privater und freigemeinnütziger Krankenhäuser ablehnen, kommunale Mittel zur Stützung von deren aufgelaufenen Defiziten bereit zu stellen. „Das ist keine kommunale Aufgabe und würde nicht weniger als eine Gewinngarantie aus Steuergeld bedeuten.“ Der Deutsche Landkreistag werde diese Fragen bei einem Treffen mit dem Bundesgesundheitsminister am kommenden Montag sehr deutlich ansprechen.
Der Deutsche Landkreistag hat sich auf seiner Präsidialsitzung im Landkreis Diepholz mit der Schwerfälligkeit von Planungsprozessen und den damit verbundenen bürokratischen Vorgaben beschäftigt. Präsident Reinhard Sager sagte: „Wir müssen beim Abbau bürokratischer Hemmnisse und von Aufgabenstandards wesentliche Schritte vorankommen. Wir können es uns schon allein wegen des Personalmangels nicht erlauben, immer aufwändigere Anforderungen festzulegen. Jede Gesetzesnovelle macht die behördlichen Abläufe komplizierter, die Digitalisierung kommt zu langsam voran, immer mehr Stellen in der Verwaltung bleiben unbesetzt.“ Das betreffe nicht nur den weit ausgebauten und komplexen Sozialstaat, sondern vor allem Planungsprozesse im Baubereich. „Wir leisten uns zu viel Bürokratie.“
Der Deutsche Landkreistag dankt neben den professionellen vor allem den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern, die seit Weihnachten intensiv in den Hochwassergebieten engagiert sind. Präsident Reinhard Sager sagte: „Bislang ist es gelungen, die Lage in den betroffenen Landkreisen vor allem in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gut im Griff zu behalten. Unser Dank gebührt allen, die sich mit großer Kraft einsetzen.“ Bei all diesen Einsätzen – über 100.000 freiwillige Helfer – habe es bisher keine kritischen Vorfälle gegeben. Bislang seien über 1 Million Helfertage zusammengekommen.
Der Deutsche Landkreistag hat die Länder abermals aufgefordert, beim Deutschlandticket für Rechtssicherheit zu sorgen und sich gegenüber den Landkreisen und Städten nicht wegzuducken. Zur Entscheidung des Kreistages des Landkreises Stendal, für 2024 die absehbaren finanziellen Ausfälle nicht zu übernehmen, sagte Präsident Reinhard Sager: „Wir halten den Kreistagsbeschluss für konsequent. Die Länder müssen die Landkreise und Städte zur Anwendung des Deutschlandtickets verpflichten und damit auch die Finanzierungsverantwortung übernehmen. Sie haben es selbst in der Hand, ihre entsprechenden finanziellen Risiken durch eine belastbare Tarifkalkulation auf ein Minimum zu reduzieren. Werden hingegen die Finanzierungslasten weiter auf die kommunale Ebene abgewälzt, müssen die Kommunen das Ticket entweder einstellen oder das ÖPNV-Angebot reduzieren. Das sagen wir schon seit mehr als einem Jahr. Nun bewahrheiten sich unsere Befürchtungen.“
Der Deutsche Landkreistag ist überzeugt davon, dass die Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stärker priorisieren muss, wenn es um kostenintensive Vorhaben geht. Präsident Reinhard Sager sagte gegenüber der dpa: „Die Koalition wird gezwungen sein, eigentlich bereits gesetzte Vorhaben wie die Kindergrundsicherung einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Es wäre richtig, dieses verkorkste Projekt fallen zu lassen. Es bringt bedürftigen Familien keinen Mehrwert und wird sie durch den Aufbau neuer Bürokratie sogar zusätzlich belasten.“
Die Bewertung des Deutschen Landkreistages zu den Ergebnissen des Bund-Länder-Treffens vor allem zu den Migrationsfragen fällt gemischt aus. Präsident Reinhard Sager begrüßte die Verabredungen zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen als Schritt in die richtige Richtung. Er sagte gegenüber der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben): „Wir brauchen eine Migrationswende, wir brauchen ein großes Umsteuern in der Flüchtlingspolitik.“ Im Hinblick auf die Finanzierung kritisierte er den gefundenen Kompromiss: „Wir fühlen uns von den Ländern insoweit im Stich gelassen, als sie ihre eigenen Interessen durchgebracht haben, wohingegen die zentrale kommunale Forderung nach vollständiger Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge durch den Bund nicht beschlossen wurde. Dabei geht es 2023 um 3 Mrd. Euro. Für uns ist deshalb umso klarer, dass die Länder gegenüber den Kommunen in der finanziellen Vollverantwortung stehen.“
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